Geschichten aus Cavalor

Die eisernen Klöten des Rekruten Albrecht

So begab es sich vor gut einem Jahr, dass es eine kleine Einheit von tapferen Soldaten des Neu-Cavalorischen Reiches unter Führung von Hauptmann Thoros Vasilies auf die Insel Sturmwacht in den dunklen Landen verschlug. Es war eine schreckliche Zeit, Eis und Schnee überall und die Kälte bescherte jedem einzelnen Frostbeulen an den unmöglichsten Stellen. Am Schlimmsten jedoch war der Pilz, welcher nach kurzer Zeit auf dem Gesicht zu wuchern begann und selbst den stärksten Männern den Verstand raubte. Auch die Soldaten Neu-Cavalors waren nicht vor dem Unheil des Pilzes gefeilt und nach und nach führte der Pilz dazu, dass die einst so schönen Gesichter der Soldaten zu einem Antlitz verkamen, dass selbst die eigene Mutter nur schweren Herzens lieben konnte (böse Zungen behaupten, dass bis auf Hauptmann Thoros Vasilies eh keiner der Soldaten viel an Schönheit zu verlieren hatte). Nur der Rekrut Albrecht, stolz, standhaft und ceridisch, wurde vom bösen Einfluss des Pilzes verschont und die Schönheit seines Gesichtes blieb ihm erhalten. Er selbst führt diesen Umstand auf ein Eingreifen seines Gottes, des Eynen zurück. In den Augen seiner Kameraden aber kam er nur zu spät aus der Taverne, um sich zu infizieren.

Albrecht war einer von zwei Rekruten, zusammen mit dem verstoßenen Adeligen Alessandro di Marenzi, die es von einem Kontinent jenseits der See ins Neu-Cavalorische Reich verschlug  und nun ihren obligatorischen Militärdienst antreten mussten, um sich so in den Augen ihrer Majestät, der Kaiserin, als neue Bürger Neu-Cavalors würdig zu erweisen. Der Einsatz auf Sturmwacht sollte so unvorhergesehenermaßen zu ihrem ersten Militäreinsatz werden, in unmöglicher Umgebung und in gravierender Unterzahl. Zwar waren diejenigen, welchen der Pilz bereits elendig den Verstand geraubt hatte und sich nun wie wandelnde Tote auf alles Lebendige stürzten, zu einem großen Teil einfache Bauern und in Kampfkraft jedem anständigen Soldaten wie Rekruten unterlegen, so waren sie doch in einer solch großen Zahl, dass jeder brave Mann um sein Leben bangen musste. Besonders schlimm war aber ein Infizierter, welcher im Gegensatz zu vielen der anderen Infizierten nicht nur über Erfahrung im Kampf, Größe, Stärke und Panzerung verfügte, nein, er trug dazu noch einen mannshohen Hammer, mit welchem man mühelos den Kopf eines jeden armen Kerls spalten konnte, der nicht über einen Helm verfügte.

So kam es schließlich dazu, dass sich Albrecht und seine Kameraden diesem Koloss von einem Mann mit Pilzbefall gegenübersahen. Angst stieg in ihnen auf, doch sie besannen sich, denn im Namen ihrer Majestät, sie waren Soldaten des Neu-Cavalorischen Reiches und mussten jetzt um der Ehre der Kaiserin willen standhaft bleiben. Hauptmann Vasilies befahl eine Reihe zu bilden und dem Gegner gegenüber wehrhaft aufzutreten. Vielleicht sollte er sich, oh Wunder, mit einem letzten verblieben Rest seines Verstandes dazu entschließen nicht anzugreifen und stattdessen seiner Wege gehen und zum elendigen Sterben in den Wald zurückkehren, aus dem er hervorgekrochen kam. Dem war leider nicht so, und er nahm den Rekrut Albrecht mit seinem monströsen Hammer ins Visier. Mutig stand Albrecht dort, sein Langschwert in der Hand, doch bei aller Standhaftigkeit und Kraft, er konnte den Hammer nicht abwehren und er traf ihn ausgerechnet dorthin, wo man es selbst seinem schlimmsten Feind nicht wünschen würde- genau in seine Klöten! Doch dann geschah, was niemand erwartet hätte: Albrecht hielt stand. Und nicht nur das, der Hammer zerbrach in den Händen des infizierten Unholdes. Zuerst selbst verwundert, besann sich Albrecht, denn ihm wurde wieder bewusst, dass es nicht nur die Kälte sein konnte, die wahrlich nicht nur ihm allein die Klöten in einen Klumpen von Eis verwandelte. Nein, denn bevor er in die Dienste Neu-Cavalors kam, war er breits Soldat gewesen und diente seinem ehrwürdigen Namensvetter, dem Fürsten von Malinos, lange Jahre im ersten Gardepikenierregiment der Grafschaft Groburg, allgemeinhin bekannt als die eisernen Eber. Und ein Eber hält stand, egal was auf ihn zukommt! Albrecht lächelte nun den doch etwas verdutzen Unhold leicht an, hob sein Langschwert und befreite ihn mit einem Schlag von seinem hässlichen, pilzzerfressenen Haupt. Er, Albrecht, war von nun an bekannt als der mit den eisernen Klöten, welche kein Hammer, egal welcher Größe, zu zerschlagen wusste. Nach gewonnener Schlacht und getanem Dienst konnte sich Albrecht nun getrost in die Taverne begeben, auf dass seine einernen Klöten auch den anwesenden Maiden eine Freude bereiten können.

Dies ist die Version, wie sie Albrecht gerne bei Wein und Gemütlichkeit zu erzählen pflegt, aber es gibt auch andere Stimmen, welche die Wirkung des Hammerschlages weitaus weniger glorreich beschreiben würden.

So traf Albrecht der Hammer in die Klöten und, wie es nun einmal zu erwarten war, ging er schreiend zu Boden. Allein den anwesenden Kameraden und Verbündeten ist es zu verdanken, dass der Unhold nicht zu einem zweiten Schlag ansetzen konnte, der Albrecht mit Gewissheit dem Eynen nähergebracht hätte, als ihm in diesem Moment lieb war. Wie dem auch sei, man schaffte es mit vereinten Kräften (leider ohne das Zutun Albrechts) den Unhold schließlich niederzuringen. Danach brauchte es drei Mann, um den nun mehr wimmernden als schreienden Albrecht zu der Hütte zu schleppen, welche seinen Kameraden und ihm als Unterkunft diente. Dort sollte sich nun ein Heilkundiger (oder wie es Albrecht sagen würde, ein Quacksalber, nicht besser als ein mieser Rossarzt) um seine doch äußerst empfindliche Verletzung kümmern. Albrecht spürte laut eigener Aussage nichts mehr und fürchtete schon um seine Manneskraft. Selbst der etwas tröstende Gedanke, sich nun um die Zeugung eventueller Bastarde keine Sorgen mehr machen zu müssen, besänftigte ihn keineswegs, denn wie es schien sollte sich Albrecht in diesem Zustand nie mehr mit einer Maid vergnügen können. Unsanft ging der Heilkundige nun mit Brenneisen und diversen anderen Werkzeugen, die gut und gerne jedem tapferen Mann Angst einjagen würden, ans Werk und versuchte zu retten, was aller Augen nach nicht mehr zu retten war. Albrecht hingegen konnte nur Schreie und den Wunsch nach Branntwein von sich geben. Als der Heilkundige nun innehielt und Albrecht verschnaufen konnte, verlangte er nach Schmuddelbildern, welche der Heilkundige ebenfalls feil bot.  Doch weder die Nymphe, die Elfe noch der Liebreiz der Assistentin des Heilkundigen schafften es bei Albrecht mehr als ein leichtes Kribbeln zu verursachen.

Es half nichts, die Untoten rückten wieder an und gestärkt durch Branntwein und sonstiges Zeug, welches der Heilkundige Albrecht verabreichte (jedenfalls verursachte dies schrecklichste Blähungen und einen sehr gesunden Schiss!), begaben sich Albrecht und seine Kameraden wieder ins Gefecht. Albrecht betete zum Eynen und zur heiligen Lucrezia, Schutzheilige der Künste und der Liebe, in der Hoffnung auf eine Heilung seines Leidens. Die Zeit verging, doch es stelle sich keine Besserung ein (stehen tat nach dem Hammerschlag sowieso kaum noch etwas bei Albrecht). Niedergeschlagen, melancholisch und seltsamerweise mit einer erhöhte Stimme, entschloss sich Albrecht zu etwas, was er tief in seinem ceridischen Herzen bis heute bereuen dürfte: Er suchte Hilfe bei einer Kundigen der Magie. Eine solche Magiekundige fand er schließlich in der Hohepriesterin des Ordens der Zwillinge. Erleichtert darüber, dass ihre Magie wenigstens klerikaler Natur war und gewisse Ähnlichkeiten zur Verehrung ceridischer Heiliger nicht von der Hand zu weisen sind, entschloss sich Albrecht sie um Hilfe zu bitten. Wer weiß, vielleicht verbergen sich hinter dem Glauben der Zwillinge nicht doch zwei Heilige des Eynen. Und tatsächlich, der Hohepriesterin gelang es ohne größere Schwierigkeiten, Albrecht seine schmerzlichst vermisste Manneskraft wiederzugeben. Und nicht nur das, denn er spürte auch etwas, dass die Hohepriesterin „das Feuer Sarephs“ nannte. Dies ließ sich Albrecht zwei Silberstücke und ein ledernes Augenkreuz als Opfergabe für seine Heilung kosten. Dem Heilkundigen aber, der laut Albrechts Meinung ihm diese Pein beschert hatte, schwor er Rache. Albrecht wollte nicht eher ruhen, bis der Heilkundige mit seinem Blut bezahlt hat …. oder mit drei Silberstücken als Entschädigung für die magische Behandlung. Doch bedauerlicherweise rief die Pflicht und Albrecht konnte das „Feuer Sarephs“ nicht auskosten, denn genau zu jener Zeit, zu welcher Albrecht den einzigen noch freien Termin dieses Tages im Vitalium bekommen konnte, galt es die Truppen zu versammeln und gegen den Feind ins Feld zu ziehen. Die Pflicht siegte und das „Feuer Sarephs“ erlosch, zumindest für diesen Tag …..

Willst du, oh Leser, herausfinden, welche der oben beschrieben Geschichten war ist, so besuche das Neu-Cavalorische Reich und lerne Hauptmann Thoros Vasilies, Soldat Albrecht und den Rest der Truppe kennen. Das Reich rühmt sich für seinen Met, sein Bier und besonders seine Gastfreundschaft.