Historie

Der Bürgerkrieg

Wie es zu einem Bürgerkrieg kommt ist nicht immer einfach zu sagen, dennoch kann wohl die entzweiende Steuerpolitik des seinerzeit regierenden König Udolf als ausschlaggebend bezeichnet werden.

Der König strebte Reformen im Lande an und so wurde auch die Steuerpolitik geändert. Die Steuerlast für das einfache Volk, aber auch gerade für die Fürstentümer selbst stieg, bis sich vor etwa zwölf Jahren die ersten Stimmen gegen dieses Steuersystem erhoben. Dies war zunächst nicht weiter bedeutsam, aber einige Fürstentümer erschufen eigene Möglichkeiten, um für sich die Last der Steuern etwas zu mindern.

So war es die Fürstenfamilie von Rossgarten, die allen anderen Fürstentümern voran, Zölle auf allerlei Waren erhob. Im Laufe eines Jahres wurden die Zölle aber so weit angehoben, dass es für die anderen Fürstentümer kaum mehr rentabel war, überhaupt noch Waren von oder nach und ebenso durch das Fürstentum Rossgarten zu transportieren. Besonders hart traf dies die Fürstentümer Hornstadt und Forsberg.

Hornstadt ist bekannt für seinen großen, befestigen Handelshafen, in dem Schiffe aus vielen Ländern anlegen. Aufgrund der Zölle von Rossgarten wurden aber immer weniger Waren auf dem Landweg transportiert, was zur Folge hatte, dass der Handel mit Waren des Königreiches nur noch sehr eingeschränkt möglich war. Zudem mussten sich die Seefahrer noch mit den Stämmen von Tarsbórg herumschlagen. Diese wilden Zeitgenossen machten regelmäßig Jagd auf die Schiffe der Händler, um sich selbst zu bereichern, doch verdingten sie sich bekanntermaßen auch als ebenso gefürchtete wie geschätzte Söldner.

Noch härter traf es Forsberg. Das Fürstentum, das hauptsächlich vom Bergbau und der Verarbeitung der Metalle und Erze lebt, konnte seine Waren nicht mehr verkaufen und dringend benötigte Lebensmittel wurden beinahe zu teuer für die Bevölkerung des Fürstentums. Mehr und mehr schwächte sich somit der Zusammenhalt der Fürstentümer unter der Regentschaft seiner Majestät König Udolf. Vielleicht wäre so manches anders verlaufen, hätte seine Majestät zumindest einen Thronfolger gehabt, ein Erbe, welcher Aussicht auf eine weisere Regentschaft geboten hätte. Doch die Tatsache, dass er keinen Erben hatte, bedeutete laut den Gesetzestexten das folgende: „Sollte es der Fall sein, dass die Ehe seine Majestät ohne einen Erben bliebe oder der junge Thronfolger zu früh aus dem Leben scheidet, so wird der neue König im Falle des Abdankens oder dem Verscheiden des amtierenden Königs aus den Fürstentümern gewählt.“

Diese Situation konnte so nicht auf Dauer bestehen, was zu einem Bündnis zwischen Hornstadt und Forsberg führte, um gemeinsam gegen Rossgarten vorgehen zu können. Es wurde versucht, die Zölle auf diplomatischem Wege zu beseitigen, jedoch war dies nicht von Erfolg gekrönt. Als Konsequenz der misslungenen Verhandlungen folgte die Mobilmachung der Fürstentümer Hornstadt und Forsberg. Die Belagerung von Rossgarten begann. Ebenso wurde Löwenstein der Krieg erklärt, da die Steuerreform des Königs rückgängig gemacht werden sollte und um jemanden aus den eigenen Reihen zum König zu krönen. Ein Ansinnen, welches in seiner Rechtmäßigkeit durchaus als legitim zu sehen ist. Dennoch nahm darin die Destabilisierung des gesamten Landes seinen Anfang.

Nun, da Hornstadt und Forsberg vorausgegangen waren, war der Friede gebrochen und auch Landor, Cavalor und Kamadan riefen zu den Waffen. So kam es, dass sich das ganze Land im Kriegszustand wiederfand. Rossgartens Handelsblockade kann somit wohl als der auslösende Funke des Bürgerkrieges gesehen werden. Sicher, manche werden wohl Rossgarten das Recht einräumen, auf diese Unstimmigkeiten mit einer Blockade zu reagieren, doch hätte seinerzeit seine Majestät König Udolf anders reagiert, so wäre dieser Funke vielleicht im Keim erstickt worden. Nun aber fanden sich Löwenstein und Rossgarten umzingelt von Feinden in diesem Bürgerkrieg wieder.

Rossgarten befand sich alsbald in der Situation einer belagerten Stadt. Ich muss wohl keinem die Schrecken schildern, welche die Bewohner Rossgartens erdulden mussten. Eine Belagerung ist für jene, welche die Geschicke der Fürstentümer lenkten, zwar auch nicht einfach, doch selten leiden sie so wie es das gemeine Volk es tut. Schließlich beschlossen die verbündeten nördlichen Fürstentümer nach hohen Verlusten, die Stadt niederzubrennen. Dies war eine Entscheidung, die klar zum Schutz der eigenen Truppen gedacht war. Was man auch immer davon halten mag, aber so sind die Wirren eines Krieges nun einmal, auch wenn es einer unter Brüdern ist. Es war eben eine aus strategischer Sicht durchaus vernünftige Tat. Nun ich bin kein Richter, deshalb lasse ich es auf sich beruhen und bewerte dies besser nicht. Bei dem großen Brand kam schließlich auch die Fürstenfamilie zu Rossgarten zu Tode.

Nun da Rossgarten geschlagen war, sah der Fürst von Landor die Gelegenheit gekommen, das geschwächte Rossgarten zu plündern. Natürlich trafen dabei die Truppen Landors auf die verbliebenen und dezimierten Truppen von Hornstein und Forsberg. Es kam wie es kommen musste und in dem neu entflammten Kampf zwischen den beiden Heeren rieben sich diese schließlich gegenseitig auf. Dabei kam auch der Fürst von Landor selbst ums Leben. Er war zweite Herrscher der Fürstentümer, welcher diesen Bürgerkrieg mit dem Leben bezahlte.

Nach dieser zweiten großen Auseinandersetzung regte sich auch etwas am königlichen Hofe. Die Ereignisse waren nicht an seiner Majestät vorbei gegangen und man schmiedete bereits Pläne, wie man der Eigenwilligkeit der Fürstentümer ein Ende setzen könne. König Udolf I von Löwenstein gab den Befehl, die Fürstentümer Landor, Hornstadt und Forsberg zu erobern und sie so unter seine Kontrolle zu bringen. Die Truppen aus Löwenstein hatten auf ihrem Feldzug keinen nennenswerten Wiederstand zu befürchten, da die Truppen von Landor, Hornstadt und Forsberg aufgrund der Geschehnisse bei Rossgarten sehr geschwächt waren.

Der Feldzug von Löwenstein konnte als Erfolg verbucht werden und somit standen die ehemaligen Fürstentümer Landor, Hornstadt und Forsberg unter der Verwaltung und dem Befehl von Löwenstein. Die beiden Fürsten Heinrich IV von Hornstadt und Gottfried aus Forsberg wurden als Verräter gehängt und ihre Familien vertrieben. Somit waren von den einst sechs Adligen, welche die Fürstentümer lenkten, noch zwei am Leben, wenn man seine Majestät mitzählt. Tarsbórg hat keinen Fürsten und besteht, wie man weiß, aus eher wilderen Stämmen, was wohl auch der Grund, ist warum sie sich aus dem Krieg neutral blieben.

Ein weiserer Herrscher hätte gesehen, dass die letzten verbliebenen Fürstentümer sich vielleicht nicht aus Treue den Kämpfen enthalten hatten. Kamandan war aufgrund seiner Natur nicht bereits gegen Löwenstein gezogen, denn das Land war in jenem Jahr von einer Dürre geplagt. Doch als die Dürre überstanden war, sah dies ganz anders aus. Cavalor hingegen hatte es diesbezüglich aufgrund seiner Staatsform nicht so einfach, in den Krieg zu ziehen. Der Senat, welcher Cavalor regierte, brauchte einiges an Zeit, um nach etlichen Debatten die Truppen zu entsenden. Doch schließlich war es Kamadan, welches das Zünglein an der Waage bildete. Denn als sie gegen Löwenstein marschierten, schloss sich Cavalor dem Kriegszug an. Dabei ist natürlich zu erwähnen, dass das cavalorische Heer wesentlich größer war als das des Wüstenstaates Kamadan.

Im Gegensatz zu den von Fürsten geführten Heeren der anderen, wurde das Heer von Cavalor von einem gewählten General geleitet, dem General Taran Ortakis. Dieser wurde eigens vom Senat ausgewählt und nicht wie sonst aufgrund seiner Geburt, sondern aufgrund seiner Fähigkeiten in sein Amt berufen. In der darauffolgenden Schlacht unterlag Löwenstein den verbündeten Heeren von Kamadan und Cavalor. Schließlich war seine Majestät der Gnade von Cavalor und Kamadan überlassen, was darin resultierte, dass die Herrschaft von König Udolf mit dessen Hinrichtung endete. Somit war auch nur noch einer der regierenden Fürsten am Leben. General Taran Ortakis wurde geadelt und als Taran Ortakis von Löwenstein zum neuen König gekrönt. Kamadan wurde für seine Verdienste dadurch geehrt, in dem es zum Vasallenstaat erklärt wurde.

Eine weise Führung zeichnet sich dadurch aus, die Vergangenheit zu verstehen und aus ihr zu lernen. Obgleich die Fehler, welche zu diesem Bürgerkrieg führten, die Fehler eines einzelnen Königs sein mochten, so sah der neue Herrscher jedoch mehr darin. Eigenständige Fürstentümer, welche jedes für sich eine eigene Arme unterhielten, waren für ihn ein Teil des Problems. So standen für seine Majestät nicht nur die Steuerrechtsreform im Vordergrund, wie sie einst der Grund für die Entzweiung des Königreiches waren, sondern auch eine Reform der militärischen Strukturen und der gesamten Regierung. Zudem sollte es etwas geben, was all seine Untertanen einte. Die Möglichkeiten hierfür vermag ich in aller Bescheidenheit nicht zu nennen. Denn Gedanken zu so etwas waren nie die meinen, doch unser neuer Herrscher, seine königliche Majestät Taran Ortakis von Löwenstein hatte eine Lösung dafür, wie auch für all die anderen Probleme, die dazu geführt hatten.

Um die einzelnen Fürstentümer absolut dem König unter zu ordnen, wurden die Armeen der einzelnen Fürstentümer zu einem einzigen Heer zusammengeschlossen. Einem Heer, welches einzig und allein dem König unterstand. Zudem veränderte er die Struktur der Armee auf eine Art und Weise, wie ich von ihr noch nie gehört habe. Seine Majestät führte die sogenannte allgemeine Wehrpflicht ein, ein Konzept, welches es nach Stand meines bescheidenen Wissens in dieser Form in keinem der mir bekannten Landen existiert. Der bedeutende Unterscheid ist wohl, dass ein jeder Bürger des Reiches seinen Dienst zur Verteidigung des Landes leisten muss. Nicht wie andere Heere, welche im Kriegsfall unausgebildete Bauern einziehen müssen, so würde dieses Heer im Kriegsfall ausgebildete Kräfte wieder in den Dienst berufen.

Die Reform der Regierung des Landes war weit umfassender als es wohl so mancher vermutet hätte, besonders für den Adel war dies wohl die größte Veränderung. Denn der Adel wurde bis auf die neue Königsfamilie ihres Standes enthoben. Die Intention seiner königlichen Hoheit Taran Ortakis von Löwenstein war dabei wohl, nur noch jene in Amt und Würden zu berufen, welche sich aufgrund ihrer Befähigung für ein solches Amt eigenen. Somit rief seine Majestät das säkularisierte Kaiserreich aus, welches von nun an den Namen Neu-Cavalorisches Reich führt.

Das Neu-Cavalorische Reich bestand von nun an nicht mehr aus Fürstentümern, sondern aus Provinzen, wobei die Königsstadt Löwenstein eine Ausnahme bildet. Löwenstein ist eine einzelne Stadt, welche im Gegensatz zu den anderen Provinzen eine Provinz bildet, welche aus mehreren Liegenschaften besteht. Jede Provinz wird dabei fortan von gewählten Würdenträgern verwaltet und geführt.

Eine weitere bedeutende Neuerung seiner Majestät war die Verbreitung des cavalorischen Kodex. Ein Kodex für jeden Mann und jede Frau. Ein Kodex, nachdem die Kinder erzogen werden und ein Kodex, welcher jedem im Neu-Cavalorischen Reich etwas gibt, an dem sie sich orientieren können. Ein geeintes Wissen, welches ein jedem Verpflichtung und Ehre zugleich ist. Ein Ansatz an dem man sein Leben orientieren kann.

Nun sollte unser gütiger Kaiser nicht lange die Früchte seiner Arbeite genießen können. Ein Verbrechen der Natur für einen solch großen Mann! Zwei Jahre war es ihm vergönnt. Doch dann raffte ihn eine schreckliche Grippe dahin. Und so musste seine Tochter, Emylia Mariella Ortakis von Löwenstein, den Kaiserthron besteigen. Sie wurde zur ersten Kaiserin des Neu-Cavalorischen Reiches und ihre erste Anweisung als Kaiserin war es, Kundschafter in aller Herren Länder auszusenden, um Wissen zu sammeln, zu mehren und neue Handelspartner zu finden.

Gezeichnet Zaratias Hastias, Chronist des Neu-Cavalorischen Reiches und Mitglied des Ordens.